GESUNDHEITSTIPPS
Sonntag, 3. März 2002
TCM
Eine andere Weise Körper, Gesundheit und Krankheit zu betrachten!

Teil I - Neue Serie von Claudia Schauer

 

Diese neue Serie wird über Bedeutung, Möglichkeiten und Funktionsweise der TCM - Traditionelle Chinesische Medizin - aufklären.
Vielen ist TCM bereits ein Begriff, doch wenige wissen, dass es sich nicht um irgendeine Alternative Behandlungsmethode handelt bzw. nicht hauptsächlich um Akupunktur.
TCM ist eine eigene Medizin, genauso wie Tibetische, Ayuvedische, Indianische oder Afrikanische Medizin. In Europa glauben wir oft der Maßstab aller Dinge zu sein und messen vieles nur mit unseren Instrumenten und unserem Verständnis. Jede Medizin hat ihre Berechtigung und ihr eigenes Weltbild und Sichtweise von Gesundheit und Krankheit – Harmonie und Disharmonie. Genauso auch die TCM.

CLAUDIA SCHAUER
Wiener Zentrum für TCM

Tel:
0699/10067197
E-Mail:
schauer@tcm-academy.org

DAS TCM-STUDIUM:

Im ersten Studienjahr sind die Fächer:

Alte medizinische Texte, Grundlagen der chinesischen Medizin, Chinesische Medizin, Rezepturkunde - Pharmakologie, Englisch, akute fieberhafte Erkrankungen, Theorie über Typhus, Klassiker der Inneren Medizin

Im zweiten Studienjahr:

Köperanatomie, Philosophie, Gewebeembryologie, Physiologie, Pathologie, Chin. Innere Medizin, Chinesische Gynäkologie, politische Ökonomie, Chinesische Chirurgie

Im dritten Studienjahr:

Mikrobiologie und Parasitologie, Akupunktur, Grundlage der Diagnostik (Puls und Zunge), Körperkultur, Innere Medizin, Geschichte, chinesische Traumatologie, TuiNa ( chinesische Heilmassage)

Im vierten Studienjahr:

Qi gong oder Feng shui oder Diätetik jeweils ein Halbesjahr und Praktikum in der Klinik nachmittags, nur zusehen.

Wir haben schon viele Dinge aus China für unsere Weiterentwicklung erhalten, wie z.B.: das Dezimalsystem, die Papierherstellung, die Drucktechnik, die mechanische Uhr, das Gewehr , die mehrstufige Rakete, der magnetische Kompaß, das Schiffsruder, das Flugzeug, die Dampfmaschine, Papiergeld. Chinesische Wissenschaft und Technik war immer im philosophischen Kontext eingebettet, indem es immer um das Gleichgewicht von Mensch und Umwelt geht. Und genauso liegt dieses Denken in der TCM vor!

In China muss jeder praktizierende Arzt an der Universität TCM studieren. Und da wenige wissen, was ein Chinesischer Arzt können muss, möchte ich dies hier kurz erläutern.

Dazu habe ich Dr. Zhi Shan Liang interviewt:

Schauer:" Wie viele Jahre muss man in China studieren um den Titel Dr. Chinesisch Med. zu erreichen?"

Liang: " Zunächst 3 Jahre reine Theorie und ein Jahr Theorie und Praxis. Anschließend 3 Jahre Turnus im Spital und danach schließt man mit einem Examen, das landesweit abgehalten wird, ab."

Schauer:" Welche Gegenstände hat man als StudentIn auf der Universität für TCM?"

Liang: " Die gesamten Grundlagen der TCM, wie Physiologie, Pathologie, Ba Gang Diagnostik, Krankheitsfaktoren, Puls- und Zungendiagnostik, 6 Meridian + 4 Schichten, Geschichte der Medizin, alte Klassische Texte wie Huang Di Nei Jing, Shan Han Lun etc, alt Chinesisch, Englisch, chin. Traumatologie, Chinesische Chirurgie, chin.Gynäkologie, chin. Kinderheilkunde, Tuina (chin. Heilmassage), Akupunktur, Chinesische Pharmakologie, Diätetik, Mikrobiologie, westliche Anatomie, Radiologie

Wahlgegenstände sind: Feng Shui, QiGong, Tai Qi, von denen eins 1 Semester gemacht wird."

Schauer: "Wie viele Wochenstunden hat eine StudentIn?"

Dr. Liang:" Mo – Sa. 8 Stunden pro Tag, d.h. 48Stunden Vorlesung pro Woche

Im 4.ten Jahr wird vormittag studiert und nachmittag im Spital zugesehen."

Schauer: "Wie oft darf man bei einer Prüfung durchfallen?"

Liang:" Nur ein einziges Mal im ganzen Studium. Es gibt am Ende jedes Semesters 5-7 Prüfungen über die Gegenstände, die man im Semester hatte. Man muss mehr als 60% erreichen, alle Prüfungen werden schriftlich abgehalten. Fliegt man in einem Gegenstand durch, kann man einmal eine mündliche Prüfung ablegen, bei zwei durchgefallenen Gegenständen beendet man seine Laufbahn als Arzt und kann landesweit nicht mehr im Spital arbeiten, da nur Ärzte in öffentlichen Spitälern arbeiten dürfen, egal ob sie Tuinalogen (Masseure), Akupunkteure, Pharmakologen oder Qi Gong Meister sind.

D.h. auch wenn man bei der Abschlussprüfung durchfällt, muss man sich einen neuen Beruf suchen."

Schauer: "Gibt es die Differenzierung zwischen Bachelor, Master und PhD wie in Amerika?"

Dr. Liang:" Nein, es gibt nur den Doktor und der ist am Zeritfikat mit einer Nummer an der jeweiligen Universität registriert. Nur mit dieser Nummer kann man überprüfen, ob jemand wirklich chinesischer Arzt ist.

Die Ausbildung ist auch landesweit festgelegt.

Schauer:" Gibt es wie bei uns sogenannte Fachärzte – wie z.B. für Gynäkologie?"

Dr. Liang:" Ja, diese legen beim Abschlussexamen (über die Basis der chin. Medizin) welches landesweit stattfindet eine zusätzliche Prüfung im jeweiligen Fach ab, ob in der Gynäkologie oder Kinderheilkunde oder Qi Gong oder Tuina oder Chirugie etc."

Schauer:" Wie geht es für eine chinesische Ärztin weiter?"

Dr. Liang" Man arbeitet im Spital und wechselt alle 5 Jahre die Abteilung, damit man Pharmakologie oder Tuina etc. nicht vergisst, da die Spitäler in bestimmte Abteilungen unterteilt sind wie Akupunktur, Tuina, Pharmakologie, Qi Gong, Fachabteilungen wie Kinderheilkunde, Gynäkologie, Orthopadie, Interne etc."

Schauer:" Gibt es in China auch von der Familientradition Ausgebildete in Chinesischer Medizin, die ohne Arzttitel arbeiten?"

Dr.Liang:" Ja, die dürfen nur außerhalb der Spitäler arbeiten und haben keine Probleme solange ihnen ein Patient nicht stirbt."

Man kann hier erkennen, dass es sich um eine fundierte Ausbildung handelt.

Auch in den USA gibt es die Möglichkeit sich auf universitärem Wege als TCM Arzt ausbilden zu lassen. In Österreich wird daran gearbeitet. Es gibt wenige Ärzte und nicht Ärzte, die einen Universitätsabschluss in TCM haben.

Die TCM hat eine lange Geschichte und beruft sich auf den Klassiker des Gelben Kaisers. Hier führt der Gelbe Kaiser mit seinem Hofarzt unter anderem Zwiegespräche, um auf die Ursache von Harmonie und Disharmonie (Krankheit) im Menschen zu kommen.

Allerdings darf auch nicht vergessen werden, dass in der Zeit der Kulturrevolution in China die westliche Medizin sehr starken Einfluss gewann! Fast wäre die TCM wie alles andere Alte von Mao Ze Dong verbannt worden, aber er erkannte, wie wertvoll sie ist und sie wurde wieder akzeptiert. Heute wird sie leider auch sehr verwestlicht – an unsere Maßstäbe angepaßt. Nur ist sie leider nicht mit der westlichen Medizin kompatibel, da das Denken ein ganz anderes ist. Man könnte sie eher damit vergleichen, dass sie das Gleichgewicht eines Biotops aufrechterhält, da es sonst kippt und langfristig nicht lebensfähig ist.

Heute gehen viele Chinesen zuerst ins westliche Spital und dann erst zum Chinesischen Arzt. Es ist auch leichter Pillen zu schlucken und sich operieren zu lassen, als seine Gewohnheiten zu ändern.

In Kalifornien, wo die TCM schon lange Fuß gefaßt hat, gehen 60% der Amerikaner ca. 2x im Jahr zum Chinesischen Arzt bevor sie krank sind. Und das ist das große Puls der Chinesischen Medizin – sie ist eine Prophylaxe Medizin und kann Zeichen von Disharmonien frühzeitig erkennen und ausgleichen!

Bei uns geht man erst zum Arzt, wenn die Krankheit vorhanden ist. Im alten China wurden, die Ärzte nur bezahlt, wenn sie das Dorf gesund erhielten.

Eine interessante Sichtweise. Unser Auto schicken wir jedes Jahr zur Kontrolle, das gleiche können wir in der TCM machen.

TCM bedeutet auch Mitarbeit des Patienten, Ernährungsumstellung, verändern der Lebensgewohnheiten und der schädigenden Emotionen. Und wie schwer ist es manchmal sich doch von eingefleischten Gewohnheiten zu trennen!

TCM ist auch kein Allheilmittel! Sie hat auch ihre Grenzen und ihre Möglichkeiten, die sehr vielfältig und eine fantastische Ergänzung zu unserer westlichen Medizin sind! Günstig ist es beide zu konsultieren.

An der Spitze der TCM steht die genaue Befundung. Das bedeutet:

Fragen, Hören, Riechen ,Sehen, Tasten, Zungen-, Puls-, Gesichts-, Körperbefundung

Beim Fragen wird nach genauer Beschreibung von Verdauung, Schlaf, und jeweiligen Symptomen eruiert, die in der TCM ein Bild der inneren Disharmonie ergeben, egal welcher westlichen Befund gebracht wird. Natürlich ist der westliche Befund interessant, aber Migräne ist nicht gleich Migräne es gibt mehrere Disharmonien dafür und jede/r wird individuell analysiert.

Akupunktur ist sicher die bekannteste Form der TCM im Westen. Allerdings sind die Therapieformen, die von ÄrztInnen kombiniert werden: Akupunktur, Schröpfen, Moxibustion, Schabemethode, chinesische Heilkräuterkunde, TuiNa – AnMo (chin. Heilmassage), Ernährungslehre, Qi Gong

Im weiteren werde ich auf die einzelnen Disziplinen der TCM genauer eingehen und auch beschreiben, bei welchen Westlichen Krankheitsbildern sie wirken., da wir uns ja an diesen orientieren.

 


up