KOLUMNE
Mittwoch, 24. Oktober, 2001

von Mag. Marisa Fellner

ARBEIT UND SPIRITUALITÄT

oder Beruf und Berufung

Beides sind Buchtitel, die so manchem in seinem Lebensschlamassel zu empfehlen sind. Denn es ist doch oft so, dass wir unzufrieden sind mit unserer Berufswahl, mit den Unbilden des Lebens. Menschen verändern sich im Laufe ihres Lebens, die wirtschaftliche Lage verändert sich, ihr Umfeld und die Menschen, die sie umgeben. Manch einer hat den Beruf gelernt, der ihm von den Eltern empfohlen oder aufgedrängt wurde oder den auch der beste Freund erlernt hat. Die Unentschlossenen neigen dazu mit der Masse zu ziehen, so kann es schon passieren, dass jemand ein Studium absolviert, um mit seinen Freunden zusammen zu sein. Andere wiederum glauben, wenn sie den Beruf eines Menschen, der damit berühmt wurde, erlernen, könnten auch sie erfolgreich werden. Zu erkennen, dass man im Beruf soviel Erfolg oder Mißerfolg hat, als man dafür berufen ist, ist bereits ein großer Schritt. So kommt es dazu, dass sich Menschen älteren Semesters noch umschulen lassen, weil sie wissen, dass die erste Wahl nicht die richtige war. Von der Wirtschaft oftmals belächelt, weil Alter ein Negativfaktor ist, anstatt, dass sie die Reife und den Willen zum Engagement eines Umgeschulten anerkennen würde. Wenn ich einen Beruf ausübe, zu dem ich berufen bin, wird auch Spiritualität in meine Arbeit einfließen.

Tepperwein schreibt unter den wichtigsten Erfolgskomponenten: "Wissbegier und Achtsamkeit - Unternehmungslust und vielseitiges Interesse - Optimismus gegenüber der Zukunft - Unabhängigkeit, Flexibilität und die Bereitschaft, Verantwortung zu tragen." (aus Tepperwein "Vom Beruf zur Berufung")

Beim Lesen dieser Eigenschaften werden die meisten nicken und zustimmend meinen, das wüßten sie oder wären sie und es funktioniert trotzdem nicht. Haben Sie sich die einzelnen Worte schon einmal genau überlegt? In welchem Beruf sind Sie und wieviel Wissbegier haben Sie noch? Was bedeutet Achtsamkeit? Noch nirgends habe ich das Wort so ausführlich erklärt bekommen wie im Buddhismus. Religionenhasser werden an dieser Stelle wohl aufhören weiter zu lesen. Achtsame Menschen und jene, die es werden wollen, werden gerade jetzt weiter lesen und sich selbst weiter bilden, um zu sehen, was dieses Wort nun alles beinhaltet. Für mich persönlich hat Achtsamkeit etwas damit zu tun, Veränderung zu erkennen. Allerdings ist Veränderung für mich ein Lebensthema und so denke ich, dass Achtsamkeit für jemand anderen gar nichts mit Veränderung zu tun haben muß. Aber Erkennen ist ein Teil von Achtsamkeit der für alle gleich ist. Nicht natürlich die verschieden Arten des Erkennens.

Tepperwein gibt in seinem Buch Anleitungen z. B. durch Fragen. Nach einer Einleitung stellt er 50 Fragen zur Selbsterkenntnis. Dieses Buch gibt wertvolle Anregungen wie ich mit dem Thema Beruf und Berufung umgehen kann. Lewis Richmond hingegen schreibt in seinem Buch "Arbeit und Spiritualität", wie der buddhistische Weg zu innerem Wachstum und zur Zufriedenheit im Beruf zu gelangen hilft. Auf 350 Seiten gibt auch er praktische Anregungen zum Umsetzen dieses Vorhabens. Ein Südseeindianer beschreibt den Beruf der Weißen folgendermaßen: Jeder Weiße hat einen Beruf, d.h. er macht den ganzen Tag das gleiche z. B. eine Mauer. Er wird sich nicht um das Licht kümmern und auch nicht um die Beheizung des Hauses, das er aufstellt. Er kocht auch nicht und wäscht auch nicht seine Wäsche, dafür gibt es wieder andere Menschen, die das tun. Und so weiter.... Daran erkennen wir klar, dass etwas nicht stimmen kann, wenn dies die Definition von Beruf sein soll. Beruf sollte etwas sein, was mir Spaß macht und worin Leben steckt - eine Verbundenheit mit dem Universum. Dazu möchte ich noch eine Anregung geben: "Der Adler und das Huhn" ist eine nette kurze Geschichte, die so manchem vielleicht die Augen öffnet, denn nicht jeder braucht das Gleiche, um zu erkennen. Wenn sie lieber anhand einer Metapher lernen, wenn ihnen das mehr Lust bereitet, dann lesen sie nach wie Leonardo Boff auf der einen Seite die Verwurzelung, das Alltägliche, das Prosaische, das Begrenzte im Symbol des Huhnes und die Seite der Öffnung, die Wünsche, das Poetische, das Grenzenlose im Symbol des Adlers zu einer interessanten Geschichte aufbereitet, um diese beiden Pole ins Gleichgewicht zu bringen.

Neue Ideen und neue Anleitungen im nächsten Artikel: Einfach zum Nachdenken

L I T E R A T U R
Kurt Tepperwein:
VOM BERUF ZUR BERUFUNG
So erlangen sie mehr Erfolg und Zufriedenheit im Leben
Moderne Verlagsges. - mvg 2000
ATS 216.- /Euro 15,69
Lewis Richmond:
ARBEIT UND SPIRITUALITÄT
Ein buddhistischer Weg zu innerem Wachstum und Zufriedenheit im Beruf
Goldmann Arkana, 2000
ATS 131.- /Euro 9,52
Leonardo Boff:
DER ADLER UND DAS HUHN
Wie der Mensch das Fliegen lernt
Patmos, 2. Aufl., 1998
ATS 216.- /Euro 15,69

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